Was ist Tanz? Sport? Kunst? Kultur?
von: Karsten Heimberger | aktualisiert am: 15.07.2013Was ist Tanz? Oder: Was ist Tanzen? Die Ereignisse der letzten und der nächsten Tage haben mich wieder einmal dieser Frage nahe gebracht.
Vielleicht muss man die auch gar nicht beantworten und mein „Drang“ nach einer Einordnung von Tanz oder Tanzen entspringt eher dem typisch deutsch gefärbten Teil meiner Seele? Auf das dann alles seine Ordnung habe? Oder vielleicht, weil gerade so vieles aus den üblichen Fugen gerät?
Ginge es nach dem Prinzip der berühmten Frage: „Huhn oder Ei?“, wäre die Sache schnell entschieden und vermutlich sind wir uns auch schnell einig, dass Tanz Kultur ist?
Nur stellt sich die Frage so eben nicht, weil das Huhn heute immer noch ein solches ist, wie auch das Ei. Der Tanz hingegen hat eine Vielzahl von Veränderungen erlebt und viele verschiedene Formen hervorgebracht, die mit ihrem Ursprung allenfalls die Bezeichung „Tanz“ gemein haben.
Wir hier in Salsango beschäftigen uns mit Tanz und dem Tanzen und stehen immer wieder neu vor den Fragen, was wir aufnehmen und worüber wir berichten? Die Entscheidungen Pro oder Contra fallen uns oft nicht leicht. Zuweilen ist es auch ein ziemlicher Spagat…
Da hatten wir z.B. gerade erst über „Got to dance“ berichtet, einer Casting – Tanz-Show im Fernsehen, die von zwei jungen Tanzsportlern gewonnen wurde (Daniel Schmuck – Veronika Obholz). Angesichts dessen hatte mich die Frage „Sollte der Tanzsport seine Präsentationsformen ändern?“ beschäftigt, ohne dass ich sie im vorn verlinkten Artikel diskutiert hätte.
Im Fernsehen waren es künstlerische Formen des Tanzens, die überwogen. Schließlich war das eine Show.
Auch konnte man gar nicht so recht zwischen „besser“ oder „schlechter“ unterscheiden. Wer wollte ernsthaft darüber urteilen, ob nun der Latein-Tanz von Veronika & Daniel besser war als der eher ballett-geprägte Vortrag des Zweitplatzierten? Oder der Freestyle, HipHop, Rock’n’Roll – oder was weiß ich – der anderen Final-Teilnehmer bei „Got to dance„?
Besser gefallen hat dies oder jenes. Ja! Aber messbar ist das nicht. Nur über ein so ein Anrufzählsystem erfährt man, für wen mehr angerufen wurde.
Die meisten dieser Vorträge haben ihren Ursprung auf der „Tanzfläche des Gesellschaftstanzes„. Selbst wenn wohl niemand Hip Hop dem Gesellschaftstanz zuordnen würde, ist er doch genau das, nur das so von anderen Teilen der Gesellschaft getanzt wird, als Walzer oder Cha Cha Cha & Co., die man gemeinhin als Gesellschaftstanz bezeichnet.
Andere Vorträge dort kamen von der Bühne, vom Ballett bzw. dem Zeitgenössischem Tanz.
Kaum einer der Teilnehmer, die weit nach vorn in der Show gekommen sind, hätte das ohne eine fundierte Ausbildung geschafft – auf künstlerischem oder tanzsportlichen Terrain. Das zu diskutieren wäre aber ein neues Thema, worauf ich hier verzichten will.
Nun beginnen nächste Woche die World Games 2013 in Cali – der Höhepunkt der Nicht-Olympischen Sportarten, vergleichbar mit Olympia. Drei deutsche Tanzpaare fahren zu den World Games 2013 nach Cali: Zwei erfolgreiche Tanzsport-Paare und ein Salsa-Tanzpaar.
Während es im Tanzsport ausgeprägte Organisations- und Turnier-Formen gibt, kann man von Salsa das ganze Gegenteil behaupten.
Zwar gibt es bestimmte Bemühungen, auch hier Wettbewerbe und Salsa-Meisterschaften zu etablieren, aber die Organisation dahinter – meint Training, Ausbildung, Nachwuchsförderung etc. – ist doch zu vernachlässigen, weil quasi nicht vorhanden.
Die Salsa ist ein Gesellschaftstanz und meilenweit von Sport oder gar Kunst entfernt. Die wenigen „Künstler“ hier bei uns kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Die aktiven „Sportler“passen da vermutlich auch noch mit drauf…
Tanzsport dagegen ist wohl doch eindeutig Sport? Oder nicht?
Beim Ballett in all seinen Formen – die man wohl immer dem künstlerischen Bereich zuordnet – gehört jedoch körperliche Fitness genauso zur „Grundausstattung“, wie beim Tanzsport!
Also ist es nicht dieser Teil, der über eine Zuordnung in diesem oder jenen Bereich entscheidet.
Es ist wohl eher die Äußerungsformen: Beim Ballet sind das die Aufführungen. Im Tanzsport ist das der „Wettkampf-Betrieb“.
Den gibt es im Tanzsport in schon ausufernder Art und Weise.
Beim Ballett dagegen gibt es einen Wettkampf höchstens hinter verschlossenen Türen bei der Besetzung freier Stellen in Theatern und Dance-Companies.
Übrigens gibt es inzwischen beim Tanzsportverband TAF (respektive seinem internationalen Pendant IDO) Bemühungen, das Ballett in den Tanzsport zu zerren.
Einerseits wird da der Hund in der Pfanne verrückt!
Andererseits: Warum soll man nicht den vielen, vielen Ballett-Tänzern ein Forum geben, nicht immer nur im Ballettsaal unter sich oder auf dem heimischen Volkfest vor Eltern zu tanzen? Schließlich schaffen es die wenigsten von Ihnen auf die Bühne der großen und kleinen Balletthäuser und Theater oder der reisenden, mehr oder weniger berühmten Dance -Companies.
Wie heißt das aber dann, wenn das mal olympisch werden sollte (was das IOC hoffentlich zu verhindern weiß)? Rhythmisches Sport-Ballett?
Übriges hat Louisa-Sophie Brebeck aus Wuppertal vom dortigen Ballett-Studio Klaus die Silber-Medaille bei IDO Ballett World Cup in Italien geholt! Herzlichen Glückwunsch!
Sogar für Orientalischen Tanz gibt es jetzt dort (bei der TAF) eine Ansprechpartnerin…
Soweit aber nur ein paar Gedanken, die nur Anregung sein wollen und sollen und nicht im Mindesten den Anspruch auf Vollsätndigkeit erheben!
Es wird in dieser Woche noch ein paar Artikel zu diesem Thema geben – u.a. auch ein Interview mit einer bekannten „Persönlichkeit aus dem Tanzsport“. Habt bitte den Moment Geduld…
Wenn Ihr eine Meinung habt und diskutieren wollt, tut das gleich hier in den Kommentaren oder schickt uns einen eigenen Gast-Artikel? Nur zu!