Rhythms Del Mundo – Classics – und die Hintergründe
von: Karsten Heimberger | aktualisiert am: 19.04.2018Die neue CD Rhythms del Mundo Classics ist uns Anlass, einmal hinter die Kulissen zu schauen – und damit auch zu verstehen, warum sich dieses Projekt so entwickelt hat. Mehr Informationen über die CD selbst und auch die ersten beiden Rhythms Del Mundo-Cuba und Rhythms Del Mundo Cubano Aleman findet Ihr in unserem Artikel zur CD Rhythms del Mundo – Classics. Dort könnt Ihr die CD’s auch kaufen, reinhören, insgesamt oder auch nur einzelne Titel als MP3 downloaden.
Nun, Rhythms del Mundo ist eine Art Produzenten- oder DJ-Projekt. Die gibt es zu Tausenden. Viele DJ’s covern Woche für Woche erfolgreiche internationale Titel. Oft werden diese Mixe nicht sehr bekannt – aber in den Diskotheken allerorten gespielt. Dort geht es kaum ohne! Und es sind viele sehr gute und innovative Sachen dabei. Geht mal ins DJ-Forum, was ein Beispiel von vielen ist.
Es gibt aber auch sehr bekannte Projekte. Exemplarisch – weil das vielleicht Vielen bekannt ist – ist das U 96 – Theme Das Boot, dem Alex Christensen ganz ursächlich Geld und Bekanntheit verdankt, lange bevor er Popstars castete. Aber auch Leute wie Paul van Dyke haben mal so angefangen. Ein Jürgen Drews arbeitet fast nur noch so (aktuell mit Covern von Les Humphries, dessen Mitglied er mal war). Und rund um die Schinkenstraße auf Mallorca, RTL 2 und Apres-Ski-Hits lebt eine ganze Gruppe von Medienvertretern davon.
Noch bekannter, wenn gleich mit ungleich mehr eigenem künstlerischen Beitrag, sind Projekte wie Boney M oder Milli Vanilli von Frank Farian. Hier spielt ein Produzent die erste Geige – die Interpreten sind nur noch Verpackung. Auch wieder nur ein Beispiel.
Ich will sagen, es ist überhaupt nichts ehrenrühriges an solchen Projekten. Im Gegenteil, sie sind produktionsspezifischer Bestandteil der heutigen Musikindustrie.
Hinter Rhythms del Mundo stecken Kenny Young und die Berman Brothers (Christian und Frank Berman), renomierte Produzenten aus Hamburg, die auch schon mal für einen Grammy vorgeschlagen waren und z.B. erfolgreich Musik für Werbung (z.B. Nissan, Casiom Lufthansa, Honda) und Filme und das Fernsehen machten (z.B. Miss Undercover, Sex in the City). Auf die Websites müssen wir nicht verweisen, da ist nicht viel Substanzielles zu finden.
Das erste Projekt in 2006 ist wohl allen Salsa-Begeisterten bekannt. „Rhythms del Mundo – Cuba“ nannte sich die CD. Dabei arbeiteten die Produzenten mit Vertretern des Buena Vista Social Club, wie dem legendären Ibrahim Ferrer oder der großartigen Omara Portoundo zusammen (die ich beide noch live in Berlin bewundern durfte – Ibrahim Ferrer bei seinem letzten Konzert hier in Deutschland, bevor er leider verstarb). Und es waren andere großartige Künstler dabei (u.a. Coldplay, U2, Radiohead, Arctic Monkeys), die teilweise Ihre Hits sogar selbst eingesungen hatten) oder wohl wenigstens die Original-Gesangsspuren zur Verfügung stellten – das weiß man ja heutzutage nicht so genau). Das Ergebnis war erstklassig! Sicher keine Salsa-Revolution – aber gut geeignet, Salsa und kubanische Rhythmen weiter zu verbreiten und auch einem sonst nicht-salsa-affinen Publikum zugänglich zu machen.
Die zweite CD Rhythms Del Mundo Cubano Aleman konnte mit der ersten überhaupt nicht mithalten. Fast taten mir die gecoverten Künstler leid – ich weiß nicht genau, ob alle wirklich selbst mitgemacht haben – waren doch wirklich erstklassige Künstler dabei – u.a. Udo Lindenberg (Wenn Du durchhängst), Ich & Ich (Vom selben Stern), Juli (Dieses Leben), Silbermond (Symphonie), Rosenstolz (Ich bin ich), Die Fantastischen 4 (Ein Tag am Meer) und Zweiraumwohnung (36 Grad).
Das Ergebnis war ebenso spannend, wie wenn Barbara Schöneberger die Swing-Bühne betritt – gähn… – ist genauso ein Kommerzding und wird nicht besser, eher schleimiger, wenn man sich den Mantel des guten Zweckes umhängt, in dem man gegen globale Erwärmung ist – wie geschehen. Toll!
Gut! Über Geschmack kann man nicht streiten! Wem’s gefällt, dem lasse ich dieses Gefallen! Und lasst mir mein Nichtgefallen.
Bei Lichte betrachtet war die zweite CD aber nichts Anderes als eine aufgewärmte Fortsetzung der ersten CD – auf und für einen der kaufstärksten Märkte, nämlich Deutschland – denn in ausgewiesenem Latinogebiet war die erste CD schon kein Hit und hat dort niemanden vom Hocker geholt.
Es ist aber o.k., Zweitauflagen zu vermarkten. Hollywood und das Fernsehen machen das, in der Buchindustrie ist es üblich – One-Hit-Wonder versuchen sich vergeblich daran. Warum also nicht auch mit einem solchen Projekt?!
Nun, mit dem dritten Versuch, wird’s aber „gefährlich“. Die aktuelle CD Rhythms del Mundo – Classics ist nur noch ein „Machwerk“ – ein schlechtes dazu. Warum sind Produzenten und DJ’s eben das – und nicht Musiker? Eben! Weil sie das können, was sie machen. Und zu den Dingen, die Produzenten besonders gut können, gehört nicht unbedingt musikalisch-kreativ zu sein und Musik zu machen. Nicht jeder kann ein Frank Farian sein.
Kommerzorientiert genug haben sich Kenny Young und die Berman Brothers bekannte Namen auf die Scheibe geholt: Rolling Stones, Stevie Wonder, Led Zeppelin, Joni Mitchell, Patty Smith, Lou Reed. Das ist ja wenigstens clever – musste man aber auch erwarten können. Das Ergebnis wird dadurch leider nicht besser. Die Kubaner sind diesmal wohl zu hause geblieben. Vielleicht war auch nicht genug Geld da, weil die Tandiemen schon so teuer sind?
Reichlich uninspiriert kommt die Musik daher. Mit Salsa hat sie nix zu tun! Außer einem 4/4-Takt. Super!
Ein Missgriff bleibt aber jedem belassen. Man kann nicht immer nur gut sein. Warum sollte das also bei Rhythms del Mundo anders sein?!
Bleibt zu hoffen, dass Rhythms del Mundo erkennt, dass diese Musik auch gelebt und belebt werden muss – und sich beim nächsten Mal wieder Meister des Fachs dazu holt – oder aber erkennt: Jegliches hat seine Zeit (auch ein Musikzitat) – die aber ist eben endlich!
Mehr Musik findet Ihr z.B. unter Salsa-Musik. Schaut bitte auch in unser Salsa Magazin für weitere Tipps, u.a. in unseren aktuellen Salsa-Hits.
Ich hätte eigentlich keinen weiteren Gedanken an diese CD verschwendet (Ich mag Mix-CD´s eher weniger), doch Euer Bericht weckte ein mehr oder weniger starkes Interesse, mal rein zu hören. Einfach um meine Neugier zu befriedigen. Ist die Scheibe wirklich so ist, wie hier beschrieben? Gesagt getan – und ich kann dem Autor nur voll und ganz zu stimmen. Die CD ist wirklich mehr als grauenhaft. Mir tun die Leute jetzt schon leid, die sich ohne Vorwarnung und nur des verheißungsvollen Titels wegen diese CD ins Regal stellen. Denn wird sie auch verstauben. Man wird sicherlich auch nicht einmal trauen, sie wenigsten zur Hintergrunduntermalung einer Party aufzulegen. Die gewählten Titel sind nun wirklich nicht „zu ver-salsa-en“. Die Singstimmen und die Begleitung laufen in den meisten Lieder völlig konträr und man wird mit Sicherheit auch mehrere Anläufe brauchen, bis man sie ganz bis zum Ende angehört hat – man schläft schlichtweg nach zwei Titel ein oder reißt sie aus dem Player um seine Ohren vor solch schlechter Musik zu schützen. Ich denke ein Alleinunterhalter auf einer Rentnerkaffeefahrt würde die gewählten Musikstücke allemal besser nachspielen und wie die sich anhören wissen wir ja. Fazit, diese CD braucht die Welt nun wirklich nicht und wird jeden auf lange Zeit von Salsamusik abschrecken, noch bevor er die Chance hat, sich dafür begeistern zu können.
Gruß Alexander S.