ESC 2015 Deutschland: Erst Andreas Kümmert, dann Ann Sophie
von: BoniTina | aktualisiert am: 6.03.2015Kurioses beim deutschen Vorentscheid für den ESC 2015: Gewinner Andreas Kümmert überlässt der Zweitplatzierten Ann Sophie den ESC-Auftritt.
Die inzwischen 60-jährige Geschichte des Eurovision Song Contests ist schon mit manchen seltsamen Episoden gepflastert. Deutschland hat am 5. März 2015 beim Vorentscheid ‚Unser Song für Österreich‚ eine weitere hinzugefügt. Der eigentliche Gewinner Andreas Kümmert wollte nicht mehr gewinnen und lässt der Zweitplatzierten Ann Sophie den Vortritt für einen Auftritt beim ESC 2015 in Österreich. Doch der Reihe nach:
Am 5. März 2015 fand in der TUI Arena Hannover der deutsche Vorentscheid zum ESC 2015 unter dem Motto „Unser Song für Österreich“ statt, der live auf mehreren Wegen übertragen wurde. Angetreten waren 8 Kandidaten, die wir Euch in den letzten Wochen bereits einzeln auf unserer Seite vorgestellt hatten (siehe Stichwort Eurovision Song Contest). Alle Acht hatten je zwei Songs im Gepäck. Beide Lieder aufführen durften aber nur die Künstler, die vom TV-Publikum per Anruf oder SMS in Runde 2 gewählt wurde. Vier Teilnehmer kamen daraufhin weiter, die ihren zweiten Song aufführten und insgesamt also mit acht Songs in Runde 2 antraten. Nun wählte das Publikum aus diesen acht Titeln die beiden besten Lieder für das Finale, aus denen „Unser Song für Österreich“ hervorging.
Die Show begann mit dem Auftritt der Vorjahressiegerin Conchita Wurst aus Österreich und ihrem letzjährigen Siegertitel „Rise like a phoenix“. Frau Wurst stimmte anschließend ein „Happy Birthday“ für die Gastgeberin Barbara Schöneberger an. „Frau Fleischberger“, wie Barbara sich gerne selber betitelt, hatte eine seltsame Frisur, die sie als „Turm mit der Klorolle unten drunter“ vorstellte.
Dann begann der Wettbewerb. Die Interpreten stellten sich in kurzen Einspielfilmen vor. Nacheinander traten in der ersten Runde auf:
- Mrs. Greenbird mit dem Titel „Shine Shine Shine“: Ein fröhlicher Country-Folk-Pop-Song in Englisch, der das Publikum zum Mitklatschen anregte. Es war ihr erster Auftritt vor so einem zahlreichen Publikum. Von ihrem Erscheinungsbild her erinnerten das Duo an die Zweitplatzierten des Vorjahres Common Linnets.
- Alexa Feser mit dem Titel „Glück“: Deutschsprachiges Lied, das im Refrain rhythmisch wird. Die Melodie von „Immer dann, immer dann …“ war schon mal da. Viel „Ohoho“ und „Uhuhu“ anstelle von sinnvollerem Text. Udo Lindenberg lobte sie aber im Einspieler.
- Faun mit dem Titel „Hörst Du die Trommeln“: Diese Gruppe spielte Pagan Folk, der von altem Volksliedgut inspiriert ist. Alle traten in mittelalterlicher Kleidung und mit Instrumenten aus jener Zeit auf. Ihr Gesang wurde auf der Bühne von Feuerschalen umrahmt.
- Noize Generation mit dem Titel „A Song for you“: Der Schwede Patrick sang zu den Elektrobeats von Noize Generation, der im Hintergrund an seinen Instrumenten agierte. Zwei Tänzer im LED-Kostüm und –Helm bewegten sich zur Musik. Unsauberer Gesang – dem Publikum gefällt’s trotzdem.
- Ann Sophie mit dem Titel „Jump the gun“: Sie tritt erneut in dem coolen, roten Anzug auf, den sie beim Gewinn der Wildcard trug. Ann Sophie sang wieder souverän, performte gut, spielte aber etwas zu viel mit der Kamera.
- Fahrenhaidt mit dem Titel „Frozen Silence“: Das ruhige Lied aus dem Genre Naturpop wurde von drei klassischen Balletttänzerinnen umrahmt. Erik Macholl und Andreas John begleiteten den Gesang der Norwegerin Amanda Pedersens an Tasteninstrumenten.
- Laing mit dem Titel „Zeig Deine Muskeln“: Die drei Frauen radelten mit feuchten Oberkörpern im verschwitzten Sportzeug auf Hometrainern und sangen dabei sogar noch mehrstimmig. Eine Bodybuilderin kam hinzu. Sehr unterhaltsame Show. Der Titel entstand übrigens bei einem Aufenthalt in Wien.
- Andreas Kümmert mit dem Titel „Home is in my hands“: Ein dezenter Auftritt mit einem Gitarristen an seiner Seite. Andreas würde gerne die Chance des internationalen Auftritts nutzen. Er singt kraftvoll mit oft geschlossenen Augen und schien technische Probleme mit seinen In-Ear-Hörern gehabt zu haben. Außerdem war Andreas krank.
Nach der Pause, die vom Auftritt Mark Forsters gefüllt wurde, standen die Künstler für Runde 2 fest:
- Alexa Feser mit ihrem zweiten Titel „Das Gold von morgen“: Nach eigener Aussage ist dies ihr persönlichster Titel. Alexa sang am Klavier, Streichinstrumente begleiteten sie im Hintergrund. Wie schön, sie hat doch auch noch gehaltvolle Texte.
- Ann Sophie mit ihrem Titel „Black Smoke“: Auch wieder top-gestylt. Kraftvoller Titel im R’n’B-Stil, von vier Background-Sängerinnen begleitet. Routinierte Bühnen-Präsenz, obwohl Ann Sophie zum ersten Mal vor so zahlreichem Publikum in der Halle singt.
- Laing mit ihrem Titel „Wechselt die Beleuchtung“: Die Mädels sangen im Schein einer Schreibtischleuchte, die an den Mikrofonständern angebracht wurden. Zweite tolle Bühnenshow von ihnen. Dieser Song war aber deutlich ruhiger.
- Andreas Kümmert mit seinem Titel „Heart of stone“: Schlichter Auftritt, der von drei Musikern begleitet wurde. Andreas sang trotz Erkrankung mit souliger Stimme, nahm aber wieder den In-Ear-Hörer raus. Das Hallen-Publikum mochte ihn und seinen Song.
Stefanie Heinzmann überbrückte mit ihrem aktuellen Titel „In the end“ die Pause bis zur Bekanntgabe der beiden Finalisten. In das Finale kamen dann, erneut durch die Wahl der Zuschauer: Ann Sophie mit ihrem zweiten Titel „Black Smoke“ und Andreas Kümmert ebenfalls mit seinem zweiten Song „Heart of stone“.
Fast greifbare Spannung lag in der TUI Arena-Luft, wer denn nun Deutschland in diesem Jahr vertreten würde, während Stargast Conchita Wurst ihren geschmeidigen, neuen Titel „You Are Unstoppable“ zelebrierte. Frau Wurst wird diesen übrigens auch zusammen mit ihrem neuen Buch „Ich, Conchita…“ am Freitag, 6. März 2015 ab 22 Uhr in der NDR-Talkshow vorstellen.
Zwei äußerlich sehr gegensätzliche Künstler standen nun also im Finale der Veranstaltung „Unser Song für Österreich“ und erwarteten den Entscheid des Publikums. Auf der einen Seite die gestylte Ann Sophie, die auf der großen Bühne des ESC 2015 garantiert eine gute Figur abgeben würde. Auf der anderen Seite Andreas Kümmert, der Mann in Jeans und Kapuzenjacke, der nach meinem Empfinden dort nicht hingehört und nur geringe Chancen auf eine gute Platzierung hätte. Das Publikum hatte seine Wahl getroffen: Andreas Kümmert sollte unseren Song in Wien präsentieren!
[aartikel]B00TDOZ3YM:left:salsango-21[/aartikel]Als die Moderatorin ihm das Mikro reichte, verkündete Andreas Kümmert dann aber zur Überraschung aller, dass er das Mandat nicht annehme. Andreas Kümmert hatte wohl erkannt, dass er nicht auf die ESC-Bühne in Wien gehört, und Ann Sophie das alles viel besser machen würde. Mein Kompliment, lieber Andreas Kümmert!
Kurze Schockstarre auf der Bühne und im Publikum, und dann rettete Moderatorin Schöneberger durch geschickte Worte die Situation. Das Publikum buhte und pfiff, letztendlich auch weiter, als Ann Sophie zur diesjährigen Vertreterin Deutschlands beim ESC in Wien berufen wurde. Sicher nicht die angenehmste Situation für Ann Sophie, die sie aber erstaunlich souverän löste.
Salsango wünscht Ann Sophie mit ihrem Song „Black Smoke“ für den 60. Eurovision Song Contest mit seinen 120 Millionen weltweiten Zuschauern alles Gute!
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