Erfahrungen beim Aufbau der Salsa-Szene in Neumarkt
von: Salsango Redaktion | aktualisiert am: 6.04.2018Ich bin Tobias Bartl aus Neumarkt in der Oberpfalz. Heute gibt es bei uns eine prosperierende Salsa – Szene. Doch der Weg dahin war lang und nicht immer leicht. Ich möchte Euch berichten, wie ich zur Salsa gekommen bin und welche Erfahrungen ich gemeinsam mit meinen Salsa-Freunden in Neumarkt beim Aufbau unserer Salsa-Gemeinschaft gemacht habe.Vielleicht können wir so anderen Interessierten helfen, die auch gern regelmäßig Salsa tanzen möchten, es aber in der Stadt noch keine aktive Szene und Tanzschulen gibt, die Salsa-Tanzkurse und -Partys anbieten.
Als ich vor gut 2 Jahren meinen ersten „richtigen“ Salsa Workshop besuchte, bekam ich einen prägenden (positiven) Kulturschock. Ich konnte nach dem ersten Abend tatsächlich die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich ständig die Rhythmen im Kopf hatte und nur ein Ziel hatte: ‚Ich will auch irgendwann so Salsa tanzen können, wie ich es bei den erfahrenen Salsa-Tänzern gesehen hatte‚.
Doch wie sollte ich das schaffen, wenn die nächsten Städte mit regelmäßigen Salsa-Tanzkursen und -Partys zu viele Kilometer weg waren, um 2-3 mal in der Woche hinzufahren? Auch ein spontaner Entschluss, heute doch noch zur Party zu gehen, um ein paar Runden Salsa zu tanzen, ist so fast unmöglich.
Neumarkt liegt zwischen Nürnberg und Regensburg. Nach Nürnberg sind es an die 50 Kilometer, nach Regensburg fahren wir gut 70 Kilometer. Die Entfernung ist kein Problem für besondere Workshops oder Salsa-Partys, aber für regelmäßige Tanzabende doch recht erheblich.
Wenn ich also auch so Salsa tanzen können wollte, wie ich es beim Workshop von den guten Salsa-Tänzern gesehen hatte, musste ich mir etwas einfallen lassen. Um das zu erzählen, muss ich etwas ausholen:
Meine Anfänge als Tänzer
2008 war ich das erste Mal auf einer Salsa-Veranstaltung im ‚Viva Havanna‘ im Planet Nürnberg. Dort hat es mir super gefallen. Obwohl ich tänzerisch nahezu nichts konnte, bin ich immer wieder hin. So richtig „gefunkt“ hat es jedoch erst deutlich später.
Schon länger hatte ich mich damals in konventionellen Diskotheken nicht mehr sonderlich wohl gefühlt. Das was und wie dort getanzt wurde, genügte mir einfach nicht. Ich wollte „richtig“ tanzen können. So führte mein Weg – wie sicher bei vielen von Euch – zu einer der typischen ADTV-Tanzschulen. Doch auch dort fühlte ich mich recht schnell „unterfordert“. Durch Zufall kam ich mit dem Tanzsport in Berührung und es ergab sich die Gelegenheit, dass ich mich einer Lateinformation anschließen konnte. Das deutlich anspruchsvollere Training sagte mir zu und machte mir Spaß. Jedoch konnte ich mich mit anderen Gegebenheiten dort nicht so anfreunden. So stieg ich doch bald wieder aus. Das war 2010.
Mein Einstieg in die Salsa
Durch einen Zufall bekam ich Ende 2011 mit, dass ein ehemaliger Kollege aus der Lateinformation einen Einstieg für Salsa anbietet (Michael Schlachtbauer, damals in Fürth). Ich fragte eine Bekannte, ob sie nicht auch Lust hätte. Salsa zu lernen. So kam es dort zum ersten Unterricht. Aus der ADTV-Tanzschule hatte ich damals bereits ein paar Grundkenntnisse in Salsa. Michaels Training war zu meiner Freude jedoch deutlich anspruchsvoller und detaillierter. Das ging so mehrere Wochen.
Michael hatte uns im Kurs immer wieder von der tollen Salsa-Szene in Regensburg vorgeschwärmt. Dann gab es im März 2012 einen Workshop, an dem wir teilnehmen könnten („Terra Salsa im Tanzforum“ von Armin Kordus). Ich beschloss, an diesem Workshop teilzunehmen. Michaels Kurse liefen nämlich leider zu dem Zeitpunkt aus und er wollte sich eine längere Unterrichtspause gönnen. Da kam der Workshop wie gerufen.
Der „Kulturschock“ vom Regensburger Salsa Workshop
Ich konnte damals nicht all zu viel mit den verschiedenen Stufenbezeichnungen anfangen und dachte, ich könnte in der „Mittelstufe“ mitkommen. Ich hatte schließlich eine Tanzschule besucht, in einer Lateinformation trainiert und jetzt schon ein paar Wochen Salsa-Unterricht hinter mir.
Am Freitag waren die ersten 3 Stunden noch relativ „entspannt“. Doch in den „Open 4 all“ – Stunden ahnte ich schon, dass hier der Anspruch nochmal ein gutes Stück höher war. Am nächsten Tag kam meine damalige Freundin auch mit zu den Workshops. Wir waren regelrecht geschockt, wie „hart“ eine Mittelstufe nach Regensburger Niveau ist.
Am Abend besuchten wir dann unsere erste Salsa-Party in Regensburg.
Beim Betreten der „Gewölbe Bar“ ist uns erstmal die Kinnlade runtergeklappt. Für uns war das Gebotene einfach nur eine (positive) „Freak Show“. Meine Freundin wollte gar nicht tanzen, so eingeschüchtert war sie. Und ganz ehrlich: Mir ging es auch nicht viel anders, dabei bin ich sonst alles andere als schüchtern. Nach zwei Schnäpsen gab ich mir einen Ruck und traute mich später sogar, eine der wenigen fremden Einsteiger-Damen zu einem Tänzchen aufzufordern.
Am Sonntag waren wir nur noch in den Stunden für Anfänger und nutzten die Gelegenheit, uns mit einigen Salseros und Salseras zu unterhalten. Wir wollten z.B. wissen, wie lange die einzelnen Leute tanzten, um so tanzen zu können, wie wir es am Vorabend gesehen hatten. Wir waren überrascht, wie kurz. Wir hören Aussagen wie „ja, ein Jahr / zwei / zweieinhalb / drei Jahre“.
Wie mache ich nun weiter?
Das Workshop-Wochenende ließ mir keine Ruhe. Meine damalige Freundin war leider im Studienstress und so konnten wir das Ganze leider nicht gemeinsam angehen. Dazu kam mir Regensburg noch sehr weit entfernt vor.
Ich überlegte mir Tag und Nacht, wie ich noch mehr lernen konnte. Bald nahm ich mit Armin Kordus (Tanzlehrer aus Regensburg) Kontakt auf und plante mit ihm einen Salsa-Einsteiger-Workshop in unserer Gegend. Bis Juni hat es gedauert, die Idee umzusetzen. Es kamen 6 Paare zusammen und es wurde 4 Stunden lang intensiv geschwitzt. Leider wollten nicht alle Personen weitermachen und mein Traum von Tanzkursen bei mir zu hause in Neumarkt nach kurzem Strohfeuer erst einmal geplatzt. Auf dieser Basis konnte man leider keinen kostendeckenden Unterricht anbieten.
Im August probierte ich es nochmals mit einem Kizomba-Workshop, den damals Rafael Ruiz aus Fürth übernahm. Auch danach kamen leider nicht mehr genug Paare für einen regelmäßigen Unterricht zusammen.
Ich war ziemlich frustriert. Zwar hatte ich schon mehrfach gehört, dass man in Regensburg auch ohne Tanzpartner /in Tanzkurse besuchen kann. Nur konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, dass das etwas für mich wäre.
Doch wie der Zufall so spielt… Oder: Neues Liebe neue Glück!
Mit meiner neuen Freundin Susi ging es dann im September 2012 wieder voran. Wir beschlossen, in Regensburg zu trainieren, auch wenn die Entfernung nicht gerade „das nächste Eck“ ist. Eine Zeit lang gingen wir relativ regelmäßig ins Freitagstraining (Aufbaustufe). Außerdem übten wir noch bei Partys in der Erasmus Bar und wiederholten zu hause immer mal, was wir gelernt hatten. Dadurch ging es tänzerisch auch ziemlich schnell voran. Auch lernten wir andere Salsa-Tänzer aus unserer Neumarkter Gegend kennen.
2013 – Meine Erfahrungen mit Annika und Daniela
Dann hatte auch Susi Abschlussprüfungen und alles schlief doch wieder etwas ein. Mit Beginn des neuen Jahres wurden die Besuche in Regensburg leider immer seltener.
Im Mai gab es einen zweitägigen Workshop in Regensburg, zu dem u.a. Francisco Vazquez + Daniela Settani als Trainer angekündigt waren. Da wollte ich unbedingt hin. Nur Susi war mitten im Prüfungsstress.
Ich bat die damals schon sehr gute Regensburger Advanced Tänzerin Annika, mich zu begleiten. Wir kannten uns zwar bereits einige Zeit, hatten aber bis dahin nicht viel Kontakt. Überraschenderweise hat sie zugesagt (ich war zu diesem Zeitpunkt gerade mal auf mittlerem Aufbaustufen-Niveau).
Den Workshop mit einer Lady genießen zu können, die deutlich über dem eigenen Level tanzt, hat mich schon einmal etwas zum Umdenken gebracht: „Gute Tänzerinnen beißen nicht“. Annika ist genau der Typ Salsera, den man sich für ein Training wünschen kann. Nett, geduldig, unglaublich begabt und als kleinen Bonus dazu auch, dezent ausgedrückt, optisch sehr ansprechend.
Kurz vor der abendlichen Party hat mir Annika erzählt, dass sie auch etwas Schiss vor richtig guten Tänzern hat. So haben wir eine kleine „Abmachung“ getroffen: Jeder von uns schnappt sich an dem Abend einen Star.
Gesagt, getan. Daniela Settani war an dem Abend anfangs längere Zeit nicht auf der Tanzfläche. Ich bilde mir ein, dass viele sich anfangs auch nicht wirklich an eine Weltklasse-Salsera gewagt haben. Ich nahm all meinen Mut zusammen und bat sie um einen Tanz.
Dieser Tanz hat mich verändert, so komisch es sich vielleicht anhören mag. Daniela war wahnsinnig nett, hat durchgehend gestrahlt (ohne, dass es aufgesetzt gewirkt hätte) und es hat einfach super mit ihr geklappt. Seit diesem Tanz habe ich nicht mal mehr ansatzweise Bammel vor tollen Tänzerinnen und schaue tatsächlich, so viel Erfahrung wie es nur geht zu sammeln.
In anderen Tanzsportarten, in denen ich mich probiert habe, war die Resonanz guter Tänzerinnen auf Einsteigerherren leider nicht so positiv wie in der Salsaszene. Das schätze ich an dieser Szene.
Ich versuche dieses tolle Gefühl, dass mir Daniela und Annika vermitteln konnten, auch weiter in die Szene zu tragen. So tanze ich selbst sehr, sehr gerne mit Einsteigerdamen und versuche ihnen, einen guten Tanz zu bieten. So, wie ich in der Szene aufgenommen wurde, so wünsche ich es nämlich auch anderen. Ich kann nur jedem raten, egal ob männlich oder weiblich: Habt „Mut zur Lücke“. Ihr werdet dafür reichlich belohnt!
Im Oktober ging es dann auch in Neumarkt weiter voran: In einem Neumarkter Restaurant wurde einmal wöchentlich zum Teil Salsa + Co. gespielt. Mit ein paar Freunden haben wir uns das Ganze dann mal angesehen. Es gab nahezu kein Salsapublikum. Deshalb bat ich kurzerhand meine Regensburger und Nürnberger Salsa-Freunde um Unterstützung und darum, dort mal in einem größeren Rahmen zu tanzen. Im November war es soweit – gemeinsam mit über 30 tanzenden Freunden und Bekannten.
Zu unserem großen Glück war der Vorstand des CENTRUM Neumarkt e.V.s an diesem Abend anwesend. Der war von den Salseros und Salseras total begeistert und wollte mit Armin am liebsten gleich im Januar mit einem Salsa-Angebot im CENTRUM starten. Als Trainerin wurde von Armin Anna Büttner vorgeschlagen. Nach einigen Treffen und regem E-Mail-Verkehr wurden im Dezember dann die Rahmenbedingungen für einen Unterricht ab Februar 2014 geschaffen.
Der erste Kurstag
Am Donnerstag, den 06.02.2014 gab es dann die erste Einsteigerstunde und anschließend gleich 90-Minuten-Einheit für die fortgeschritteneren Tänzer. Der Zulauf war für eine Mittelstadt wie Neumarkt, mit knapp 40.000 Einwohnern, doch ziemlich gewaltig. So waren in der ersten Stunde 28 Neu-Einsteiger und in der zweiten Kurseinheit 18 Personen mit Vorkenntnissen.
Aufgrund des großen Zuspruchs wurde am selben Abend noch ein zweiter Trainingstag in der Woche beschlossen. Die geringe Fluktuationsrate in den nächsten Wochen bestätigte nochmals diese Entscheidung. Zusätzlich wurde beschlossen, dass nach dem 6. Termin aus dem Einsteigerkurs von 60 Minuten nun 90 Minuten werden.
Gleich im März ging es dann mit den ersten Samstags-Kursen los. Als Trainer wurde hierfür Adrian Fellner aus Regensburg ausgesucht. Da einige Leute aus Neumarkt schon größere Erfahrungen mitgebracht hatten, wurden 3 Kurs-Level für Samstag beschlossen: Einsteigerkurs, Aufbaukurs und eine Mittelstufe.
Zugegeben, anfangs liefen die Samstagskurse eher schleppend. Wir hätten uns etwas mehr Zulauf erwartet. Innerhalb der nächsten 2 Monate hat sich dies jedoch deutlich verbessert.
Die erste Salsa-Party
Wir hatten aber noch ein anderes Problem: Zwar liegt Neumarkt relativ nahe zu einigen Salsa-Zentren (30-40 km Nürnberger Metropolregion, 40 km von Amberg, 70 km von Regensburg weg), aber hier bei uns in Neumarkt gab bisher noch keine echte Salsa-Party. Für ein gutes Training ist auch das Fortgehen ein entscheidender Faktor. Die Salsa-Szene ist gerade deshalb so interessant, weil man diesen Tanz in nahezu jeder größeren Stadt auch aktiv beim Fortgehen tanzen kann. In vielen Großstädten geht dies auch jeden oder fast jeden Tag.
Wir nahmen also Kontakt mit einigen Gastronomen auf und bekamen recht schnell eine positive Antwort vom Besitzer des „Carlos“ in Neumarkt. Die Lokalität ist ideal. Sie liegt direkt am schönen Freibad, hat eine tolle Terrasse mit Blick darauf und vor allem eine Glasfront direkt zur Terrasse, die sich nahezu komplett öffnen lässt. So hat man auch bei sommerlichen Temperaturen ein tolles Tanzklima. Optisch ist auch alles sehr schön und modern eingerichtet. Kostenfreie Parkplätze sind mehr als ausreichend direkt vor der Tür. Und die Werbekraft eines Lokals direkt an einem Freibad ist gerade im Sommer mit tausenden von Gästen absolut gigantisch.
Um Überscheidungen möglichst zu vermeiden, hatte ich mich mit allen namhaften Veranstaltern aus den umliegenden Zentren (Nürnberg, Regensburg etc.) kurzgeschlossen, um einen guten Tag für eine regelmäßige Party zu finden. Wenn man sich abspricht und zusammenarbeitet, haben alle Beteiligten deutlich mehr Abwechslung und Angebotsmöglichkeiten. Dopplungen lassen sich zwar nicht immer vermeiden, man sollte dies trotzdem etwas steuern können.
So wurde recht schnell jeder dritte Freitag im Monat festgesetzt. Zu unserer ersten Veranstaltung waren trotz des Neumarkter Frühlingsfestes über 50 Personen anwesend. Zur zweiten Party waren es bereits über 60. Bei einer Party im „Centrum“ mit zwei DJ’s mit einigen Shows konnten wir über 80 Teilnehmer zählen.
Und zu unserer ersten Salsa Open Air Party im Generationenhaus (G6) waren wir über 100 Teilnehmer.
Aktuell
Unsere Gemeinschaft wächst weiter. Im Oktober wird es bei uns den ersten Salsa-Workshop mir 3 parallel genutzten Sälen und einer Party anschließend geben. Außerdem wollen wir unser Kursprogramm um einen Sonntag mit Bachata und Kizomba ergänzen.
Dazu freut es uns, dass sei dem 1. August 2014 der Trainer Adrian Fellner von Regensburg nach Neumarkt gezogen ist. Wir denken, mit einem Trainer vor Ort in Zukunft noch deutlich mehr Unterricht anbieten zu können.
Zusätzlich haben wir für das nächste Jahr weitere Lokale in Aussicht, in denen wir Veranstaltungen durchführen können, darunter auch zwei neue Gelegenheiten für Open-Air-Partys (Landesgartenschau und das Naturbad Postbauer-Heng).
Update: Wie es weiter ging und geht – siehe Artikel in 2018 Interview mit Tobias Bartl aus Neumarkt zur Salsa-Szene dort.
Wenn Ihr Interesse habt, in Neumarkt Salsa zu lernen oder Salsa zu tanzen, meldet Euch bitte bei Tobias Bartl und seinem Team. Wir verlinken unten die Webseite.
Mehr Informationen findet Ihr immer in der Kategorie Salsa Bayern oder Ihr schaut mal in unser Salsa-Magazin, eine eigene Themenseite bei uns im Magazin.
Quellenangaben und Weblinks:
- Der Artikel stammt von Tobias Bartl aus Neumarkt. Tobias hat uns auch die Fotos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür.
- zur Webseite von Tobias Bartl mit detaillierten Informationen zu Salsa in Neumarkt
Vielen Dank!
Grüße aus Bayern
Tobi