Eiskunstlauf EM 2017: Meinung zu den Leistungen der Deutschen
von: Karsten Heimberger | aktualisiert am: 1.02.2017Saison-Zwischenbilanz nach der Europameisterschaft 2017: Der Eiskunstlauf und der Eistanz sind lebendig! Wie zuletzt beeindrucken die Sportler schon die ganze Saison mit immer neuen Bestleistungen auf dem Eis. Und auch abseits neuer Schwierigkeitsgrade begeistern die Eiskunstläufer mit spannenden Wettbewerben und interessanten Entwicklungen. Das war auch jetzt zur Europameisterschaft so. Bei den Paaren z.B. gibt es einen deutlichen Trend, neben dem sportlichen auch den künstlerischen Teil der Darbietungen aufzuwerten. Schön, dass daran auch deutsche Sportler Anteil haben!
Natürlich ragt aus hiesiger Sicht der 2. Platz von Aljona Savchenko – Bruno Massot heraus. Hoffentlich kann das Paar jetzt bis zur WM Ende März verletzungsfrei trainieren, damit wir dort einen unbeschwerten Wettbewerb der besten Eiskunstlauf-Paare sehen können. Dann ein Zeichen zu setzen, wäre auch wichtig für Aljona Savchenko – Bruno Massot im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele im nächsten Jahr. Wenn der große Traum von Aljona Savchenko, Olympia-Gold, in Erfüllung gehen soll, wäre die Weltmeisterschaft der rechte Moment für einen deutlich vernehmbaren Paukenschlag im Orchester der Besten. Für die EM jetzt kann man mit dem 2. Platz zufrieden sein – angesichts der Tatsachen, dass beide erst ihre 2. Saison gemeinsam laufen und sich Aljona nach dem Saison-Start verletzt hatte. Verzaubern und fesseln kann das Paar die Zuschauer mit den beiden Programmen schon.
Minerva Fabienne Hase – Nolan Seegert haben (nach der Trennung von Mari Vartmann – Ruben Blommaert) als 2. deutsches Eiskunstlauf-Paar ihre Chance bei einer Europameisterschaft wieder genutzt. Mit Platz 12 verpassten sie ihre Platzierung von vor 2 Jahren zwar um einen Platz knapp, aber diesmal mit über 25 Punkten mehr als seinerzeit. Der allgemeine Trend bei den Eiskunstlauf-Paaren zu mehr künstlerischem Ausdruck und tänzerisch stärkeren Programmen könnte und sollte Minerva Fabienne Hase – Nolan Seegert entgegen kommen, die moderne und ambitionierte Programme laufen und als Paar sehr harmonisch auf dem Eis wirken. Freilich muss dann auch aus sportlicher Sicht noch eine Schippe drauf gelegt werden. Bis zu einem stabilen Platz in den Top 10 fehlen schon noch einige Punkte.
Paul Fentz aus Berlin hat mit seinem 10. Platz in der EM-Herren-Konkurrenz für einige Überraschung gesorgt. Viel besser, als noch zur Deutschen Meisterschaft, konnte Paul Fentz seine neuen Stärken auf’s Eis bringen. Vom technischen Wert her gesehen, ist er in einer Gruppe hinter den besten Herren mit dabei, ein 3.-4.-5. Platz keine Utopie mehr. Jetzt kommt es für Paul darauf an, die Leistungen zu stabilisieren und die Programme immer wieder fehlerfrei auf’s Eis zu bringen – vor allem Selbstvertrauen zu tanken. Hoffentlich gelingt ihm das! Fast scheu wirkt der sympathische Berliner auf der Eisfläche manchmal noch.
Dieses gute EM-Ergebnis sollte Paul Fentz unbedingt Mut machen! Auch anderen Eiskunstlauf-Herren, wie Franz Streubel zum Beispiel, der in Lauerstellung liegt, oder der Nachwuchs-Meister Thomas Stoll, der sicher noch einen weiten Weg vor sich hat. Und Peter Liebers? Tja, Peter Liebers wurde wieder Deutscher Meister 2017, zum wiederholten Mal. Er war der dominierende Eiskunstläufer Deutschland in den letzten gut 10 Jahren, aber zuletzt auch immer wieder von Verletzungen geplagt. Wird es ihm noch einmal gelingen, mehr als den Oscar für die beste Nebenrolle zu gewinnen?
Nicole Schott hat ihrerseits mit ihrem 10. Platz bei den Damen mal wieder den 2. Startplatz für die deutschen Eiskunstläuferinnen gerettet. Das ist gut! Aber sonst fühlt man sich bereits einige Zeit lang eher wie auf der Walzerbahn. Nathalie Weinzierl z.B. bekommt leider viel zu selten 2 einwandfreie Programme in einem Wettbewerb auf’s Eis. Mal ist das Kurzprogramm gut und die Kür geht daneben, mal ist es anders herum. Es ist ein schon tragisches Auf und Ab um ein in etwa gleichbleibendes Niveau, während ganz vorn die besten Damen immer spektakulärer Achterbahn fahren. Jetzt, bei der Europameisterschaft in Ostrava ging sogar beides in die Hose. Ob bei den derzeit besten Deutschen noch der Knoten platzt, was man sich wünscht und ihnen gönnt, muss man abwarten.
Die durchaus hoffnungsvolle 2. Reihe deutscher Eiskunstläuferinnen drängt ja auch (noch) nicht mit einem Frühlingserwachen nach vorn. Lutricia Bock hat sich leider verletzt Ende des Jahres und musste deshalb Wettbewerbe absagen. Lea Johanna Dastich kämpft mit sich selbst. Annika Hocke ist auch ein Licht am Ende des Tunnels, aber noch sehr jung.
Platz 14 im Eistanzen für Kavita Lorenz – Joti Polizoakis ist sicher eine Enttäuschung und wird für mancherlei Diskussionen gesorgt haben. Es hätte leicht auch ein Platz unter den besten 10 sein sein können, was einem weiteren deutschen Eistanz-Paar die Bühne bei internationalen Meisterschaften geöffnet hätte. War es aber nicht und damit sollte man diese EM 2017 aus Sicht der Eistänzer auch einfach abhaken. Das Potential für mehr haben Kavita Lorenz – Joti Polizoakis. Der Weg in eine 2. Gruppe hinter den Besten ist nicht weit und das Paar läuft erst seine 2. Saison gemeinsam. Mit ihren Punkten von der Deutschen Meisterschaft wäre das Paar bei dieser EM 2017 rund 10 Plätze weiter vorn gelandet, selbst wenn man ein paar theoretische Bonus-Punkte aus deutscher Sicht abzieht. Da kann man sich ärgern, muss aber nicht verzagen.
Hinter den Deutschen Meistern im Eistanzen rangeln derzeit gleich 3 Eistanz-Paare um die Gunst der Stunde, wenn sich die umfangreichen Bemühungen von Lorenz – Polizoakis auch bei internationalen Meisterschaften Früchte tragen: Katharina Müller – Tim Dieck, Shari Koch – Christian Nüchtern und Jennifer Urban – Benjamin Steffan. Das darf man gespannt beobachten…
Fazit
Es bleibt viel Arbeit für Sportler und Trainer! Aber die Entwicklungen im deutschen Eiskunstlauf spenden Hoffnung, wie die im internationalen Eiskunstlauf Freude machen. Wir sehen international überwiegend attraktive Wettbewerbe mit vielen unterhaltsamen, teils sogar fesselnden Programmen und immer wieder neuen sportlichen Höchstleistungen. Besonders gefällt mir: Auch wenn sich einzelne Sportler in den Spitzenpositionen deutlich absetzen, ist es dahinter bunt, lebendig und sehenswert – und zwar in allen 4 Disziplinen.
Wer keine deutsche Brille auf hat, wird sich dafür begeistern können – und sich dann um so mehr freuen, wenn es deutschen Eiskunstläufern gelingt, im Orchester der Besten mitzuspielen.
Hier geht es
Mehr Eiskunstlauf Nachrichten finden Sie immer unter dem Stichwort vorn oder mehr und allgemeiner unter Sport.
Gute Zusammenfassung.