Deutsche Salsa Meisterschaft 2011 – Turnier mit Haken und Ösen
von: Julius | aktualisiert am: 13.12.2011Nach dem Hickhack der vergangenen Monate war man nun gespannt, wie die Deutsche Salsa Meisterschaft 2011 in Ludwigsburg vonstatten gehen würde – organisiert von Salsatänzern „aus der Szene“ und losgelöst von der TAF (dem Verband, der sich für die Salsa zuständig sieht). Das Turnier am 3. Dezember 2011 war eingebettet in ein Latin-Tanzfestival. In den Turnierpausen gab es deshalb reichlich Gelegenheit für Publikumstanz, was gut ist, aber noch Auswirkungen haben sollte.
Vorrunde DSM 2011
Gleich zu Beginn des Turniers überraschte die Rundenzuordnung der Paare. Im Gegensatz zum aufgestellten Reglement fand hier keine zufällige Rundenauslosung statt, sondern es wurden einfach die Paare 101-106 für die erste Vorrunde, die Paare 107-111 für die zweite Vorrunde aufgerufen. Das Paar mit der Startnummer 112 wurde überhaupt nicht zum Tanz gebeten, obwohl es startklar an der Fläche stand.
Das vergessene Paar schummelte sich sicherheitshalber während der zweiten Runde mit auf die Tanzfläche – und war damit gut bedient! Denn nun lief zumindest ein ansatzweise typischer Salsa-Song (mit ca. 50 Takten pro Minute). In der ersten Runde wurde nämlich ein ungewöhnlich langsames Lied gespielt (nur 42 Takte pro Minute), das nur schwer zu tanzen war. Für eine erste Runde eines Turniers sicher nicht besonders fair! Man wundert sich, warum nicht zwei Songs mit gleichem Tempo ausgewählt wurden.
Für alle gleich jedoch war die Tatsache, daß die Tanzfläche nach den Publikumstänzen nicht gefegt wurde, obwohl sie mit Blättern und anderem Schmutz verunreinigt war.
Zwischenrunde DSM 2011
Auch in der Zwischenrunde wurde dann nicht gemäß Reglement zufällig, sondern nach Startnummern getanzt. Dies benachteiligt m.E. diejenigen Paare, die sich früh für die Meisterschaft angemeldet haben und nun immer zuerst tanzen müssen. Ein typischer (wenn auch menschlicher) Bewertungsfehler ist nämlich, dass die Wertungsrichter bei den ersten Darbietungen eher reserviert sind – wer weiß, was noch alles Gutes kommt…
Allgemeine Verwunderung unter den Tanzpaaren dann bei der Verkündung der für die Zwischenrunde qualifizierten Paare: Auch das Paar 100 war dabei – das überhaupt nicht existierte. Das Paar 112 hingegen (das schon in der Vorrunde nicht tanzen sollte – siehe oben), wurde nicht für das Erreichen der Zwischenrunde genannt. Fast wären die beiden nach Hause gefahren! Erst im letzten Moment konnte der Fehler geklärt werden, denn das Paar war qualifiziert und wurde am Ende 2. der Turniers.
Finale DSM 2011
Neue Aufregung war in der kuschelig engen Tänzergarderobe (zu eng), als eine kurzfristige Regeländerung die Runde machte (Länge der späteren Kür-Titel). Die soll dann wohl erst aufgrund ausdrücklicher Nachfrage wieder zurückgenommen worden sein. Mindestens ein Paar aber tanzte auf jeden Fall länger, als die vorgegebenen 2:15 min. Wozu wird ein offizielles Reglement aufgestellt und veröffentlicht, wenn die Regeln darin noch nicht einmal vom Ausrichter selbst eingehalten werden?
Der Zufall sollte, im Gegensatz zur Rundenauslosung, dann aber doch noch Einzug halten: Der Freestyle-Song im Finale wurde für jedes Tanzpaar aus einem Hut gezogen. Fraglich, ob man eine Zulosung in dieser demonstrativen Form auf der Bühne veranstalten muss? Oder sollten so die an anderen Stellen nicht eingehaltenen Regeln gutgemacht werden? Fraglich auch, ob sich nicht 6 Salsa-Songs gefunden hätten, die sich hinsichtlich Tempo und Rhythmik nicht wenigstens ähneln? Aber, solche Unterschiede kannten die Tänzer ja schon aus den Vorrunden.
Das Rätsel der (Be-) Wertung
Die offene Wertung der Sachverständigen im Finale schließlich, nötigt einigen Respekt ab: Gezogen wurden Schulnoten von Eins bis Sechs, im Tanzsport Platzziffern genannt. Doch wie wurden diese ermittelt?
Im Reglement war nur die Kür-Wertung mithilfe eines Punktesystems vorgegeben – 10 Punkte hierfür, 20 dafür, 10 für was anderes. Insgesamt sollte es 7 Bewertungskriterien mit zusammen 100 Punkten für die Kür geben (maximal vermutlich, steht so aber nicht in den Regeln). Die sollten zu 60 % in die Platzziffer einfließen. Wie aber wurden die 40% Anteil für den Freestyle-Tanz bewertet?
Und nun die Höchstleistung der Wertungsrichter: Platz Kür zu 60% und Platz Freestyle zu 40% zu einer Platzziffer zusammenfassen. Selbst ein Mathematiker kommt hier an seine Grenzen. (Anmerkung der Redaktion: Vielleicht findet sich ja ein heller Kopf, der das Rätsel löst?)
Zuletzt
Da erstaunte letztlich kaum noch, daß das im Internet bis zuletzt angepriesene Preisgeld in Höhe von 3500 Euro auf magere 500 Euro für den Sieger zusammengeschrumpft war.
Hinsichtlich des am selben Abend durchgeführten Rueda-Turniers muss man sich fragen, ob es sinnvoll ist, eine Deutsche Meisterschaft mit nur zwei Startformationen durchzuführen. Hier hätte man weitere Gruppen für einen Start begeistern sollen oder ehrlicherweise dieses Turnier absagen müssen.
Als der Moderator bei der Siegerehrung einräumte, daß der Pokal für den Rueda-Gewinner noch nicht fertig produziert und eingetroffen sei, führte das zwar zu Kopfschütteln im Publikum. Gewundert hat sich darüber aber niemand mehr…
Es bleibt nur zu hoffen, daß das Organisationsteam aus den begangenen Fehlern und Pannen lernt, damit eine etwaige nächste Meisterschaft etwas fairer und reibungsloser ablaufen kann.
Anmerkung der Redaktion:
Die Ergebnisse dieser Deutschen Salsa Meisterschaft 2011 findet Ihr unter diesem Link (vorn). Es gibt noch eine zweite Meisterschaft, die Deutsche Meisterschaft Salsa unter dem Verband TAF. wie es zu dieser Dopplung kommt, lest bitte nach in den Artikel Deutsche Salsa Meisterschaft 2011 im Streit der Kompetenzen.
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Hallo,
ich stimme zu, dass organisatorisch diese Meisterschaft nicht perfekt war, dass es paar Sachen gibt, die man noch verbessern muss:
1. Zu der Startnummern: Ist es so wichtig, was würde es ändern, wenn die Paare anders aufgeteilt wären? Klar, Regel ist Regel, aber ich denke es war nicht unbedingt „unfair“ für alle Paare. Irgendjemand musste anfangen… Außerdem waren die Vorrunden nicht mit Punkten bewertet, sondern es wurden die Paare gewählt, die nicht weiter kommen sollten.
2. Zu Paar 112: Die wurden als Nummer 100 auf der Liste eingetragen, klarer organisatorischer Fehler, hier stimme ich zu. Das Paar 112 (oder 100) ist trotzdem 2. geworden, obwohl sie in der Vorrunde nicht ausgerufen wurden. Dass sie sich später angemeldet haben – na ja in Ordnung war es nicht. Ich kann es nur damit erklären, dass es einfach zu wenig Paare gab.
3. Zu langsamer Lieder: Ja, das stimmt. Es könnten mehr „lebendige“ und ähnliche Lieder für alle Paare sein.
4. Boden; Hmmm, ich habe nichts bemerkt…
5. Musikverlosung in der Finalrunde: Das Gleiche passiert bei Puerto Rico Salsa Open…
6. Zur Bewertung: Klar, dass alle (ich gehe zu mindestens davon aus) Paare haben mitgemacht, um die Meisterschaft zu gewinnen. Klar, dass nicht alle mit dem Ergebnis zufrieden sind. Jury hatte ein Formular, das sie mit einer Punktzahl für verschiedene Kriterien ausfüllen musste. Der Rest wurde vom Supervisor ausgerechnet. Mathematisch finde ich das nicht schwer, man wird auch in der Schule so bewertet.
7. Rueda: Es ist schon bisschen seltsam, dass nur 2 Paare mitmachten. So ein Meistertitel hat nicht zu große Bedeutung. Aber wenn man dieses Jahr die Rueda Meisterschaft abgesagt worden wäre, würde sich nächstes Jahr keiner anmelden…
8. Preisgeld: Mir sind 350€ vor der Nase weggeflogen. Schade, das ist schon viel Geld. Wenn ein Sponsor raus ist und es kein Geld mehr gibt… Ich finde es ärgerlich, aber ich kann es verstehen. Eddi hat das allen Paaren gesagt.
Die Jury war aus der Salsa-Szene und außerdem noch Adrian und Anita – 3 Mal Weltmeister in Puerto Rico -, Yunaisy – eine weltbekannte Tänzerin. Ich bin überzeugt, dass die Jury so kompetent war, dass sie in der Bewertung langsame Musik, dreckigen Boden und anderen organisatorischen Fehler berücksichtigt hat.
Klar, dass wenn diese Fehler nicht gäbe, könnten wir vielleicht alle mehr zeigen, was wir drauf haben.
Wenn mir ein paar Mitglieder von Jury mehr Punkte gegeben hätten, vielleicht hätte ich dann besseren Platz bekommen. Wenn ich schnellere Musik hätte, würde ich vielleicht nicht so oft außer Tankt tanzen. Es ist schwieriger, stimmt. Aber vielleicht ich muss einfach so gut sein, dass ich auch zu langsamer und konstanter Musik richtig gut tanzen kann?
Wir wurden alle von Profis bewertet. Wenn jemand mit der Bewertung unzufrieden war, sollte einfach Jury Mitglieder selber fragen – warum habe ich diese Note bekommen. Ich war auch mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden, aber eher mit mir selber, dass ich nicht so getanzt habe, wie ich tanzen kann.
Was habe ich aber am Samstag gemacht – ich nahm an Workshops bei dem Latin Festival teil. Ich habe alles gegeben, um etwas zu lernen, damit ich nächstes Jahr mit Abstand der Beste bin (ja ihr sollt alle fürchten ;D ). Auch, wenn Musik zu langsam wird und Bewertung eher unklar ist :)
Ich hatte auch die Möglichkeit bei der „offiziellen“ Salsa Meisterschaft mitzumachen. Organisatorisch war es auch nicht unbedingt besser. Wir hatten vielleicht kleine Snacks (Banane und Klementinen…) und Wasser, Umkleideraum war bisschen größer, Musik war vielleicht schneller.
Aber was voll schlimm, ist dass die Jury sich dieses Jahr ausnahmsweise nicht an Regelwerk gehalten hat und Hebefiguren erlaubt hat. Und bei der Meisterschaft sollte man dafür disqualifiziert werden.
Wie gut war ich da? Ich war 7. Ich bin nicht ins Finale gekommen. Weiter waren die Paare, die vor einer Woche in der Vorrunde rausgeflogen sind. Das ist aber ganz anderes Thema.
@Anmerkung der Redaktion: Die Ergebnisse Deutsche Meisterschaft Salsa 2011 der TAF findet Ihr hier in diesem Artikel.
Ich bin echt froh, dass diese Meisterschaft stattgefunden hat. Wir haben alle nicht nur teilgenommen, sondern auch die Geschichte kreiert – eine Veranstaltung, die die deutsche Salsa-Szene auf ein sehr hohes Niveau bringen wird.
Ich wünsche mir, dass mehrere Leute sich hier äußern und dass der Veranstalter die Beiträge liest (auch wenn die lang sind ;)) , dass er sich die Anmerkungen zu Herzen nimmt und manche Sachen verbessert. Dass er eine so tolle Meisterschaft organisiert, dass er renommiert und von allen Weltmeisterschaftsveranstaltern anerkannt wird, damit die besten Tänzer Deutschlands sich auf den Bühnen auf den ganzen Welt beweisen können.
Ich werde diese Meisterschaft voll unterstützen, damit es „lauter“ wird, damit sich noch mehr Tanz-Brillianten zu der Meisterschaft anmelden. Damit wir alle, mit dem Ziel als Deutsche (vielleicht sogar Welt-) Salsa-Meister, uns tänzerisch entwickeln und allen zeigen, was wir wirklich „drauf“ haben.
Gruß
Kamil